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81 Die gewonnene Wette August 1963


In Preußen ging es schon immer penibel und korrekt zu, besonders beim Fiskus.

Das müssen auch die Digedags und zwei Lokomotiv-Schwertransporte schmerzlich zur Kenntnis nehmen. Am Potsdamer Tor ist gerade eine behördliche Hammelzählung im Gange. Eine englische Stephenson-Lokomotive für die neue Strecke Berlin-Jüterbog und eine amerikanische Norris-Lokomotive der Strecke Berlin-Potsdam warten auf freie Fahrt.
Nachdem die Digedags beim Schäfer die genaue Hammelanzahl erfragt haben, wetten sie mit Mr. Thompson, dem englischen Lokomotivvertreter. Durch ihr Insiderwissen hat der Gegenpart natürlich keine Chance. Aber da ein echter Engländer auch ein gnadenloser Zocker ist, wird noch eine Wette nachgeschoben: die Qualität von Borsigs Lokomotive gegen die von Stephensons. Sehr mutig von Dig und Dag, so ganz ohne nähere Kennung. Um sich im Nachhinein von den Vorzügen deutscher Wertarbeit überzeugen zu können, trachten sie nach einer Betriebsführung in Borsigs Lokomotivschmiede. Aus Geheimhaltungsgründen werden sie jedoch vom Pförtner abgewiesen.
Da bleibt nur das illegale Betreten der Anlagen. Als Trojanisches Pferd nutzen die beiden einen zu montierenden Schornstein. In der Schmiede wird ihnen Angst und Bange, die beiden Grobschmiede Willi und Fritze klopfen munter drauflos und tackern die Röhre sauber auf den Kessel. Aber das Schlimmste kommt noch, die Feuertaufe. Nachdem Dig und Dag an den Risiken und Nebenwirkungen der Lok fast eingegangen sind, krauchen sie krächzend aus dem teuflischen Schlot. Sie erregen furchtbares Mitleid und es gelingt ihnen sogar, sich nebenbei vom Spionagevorwurf rein zu waschen. Was ihren Gesichtern auch nicht abträglich wäre.
Anderntags treffen sie wieder auf Mr. Thompson. Ein Zusammenstoß mit dem vorlauten Berliner Original Nante ist die Basis für eine weitere Wette. Die Digedags versprechen, eine echte Berliner Marktfrau sprachlos zu machen. Eine sichere Sache für Thompson - sollte man meinen. Doch mit einem Taschenspielertrick und einer Tüte Hühnereiern gibt die gute Frau sogar offen zu: "Nu bin ick aba wirklich sprachlos!" Nicht für lange, doch zum Gewinn der Wette reichts allemal.

In der Konditorei Kranzler treffen die Digedags erneut auf Mr. Thompson. Irgendwie ist der Mann nicht abzuschütteln und Berlin war ja damals noch klein. Unter den Linden wird soeben parademäßig Borsigs erste selbst gebaute Lokomotive vorbeigezogen. Eine neuerliche Wette scheint unausbleiblich. Nun wird gestritten, welche Maschine wohl die schnellere wäre. Zur Lösung des Problems soll zwischen Berlin und Jüterbog ein Rennen der Giganten stattfinden. Borsig muss zwar noch gefragt werden, aber er ist schnell einverstanden. Ein wenig Werbung ist schließlich gut fürs Geschäft.
Am nächsten Tag soll die Rallye starten. Borsig darf als Herausgeforderter zehn Minuten vor der Stephenson-Lokomotive in die Spur gehen. Die Digedags wollen gern im Führerstand mitfahren, aber Borsig ist dagegen. Er schiebt Sicherheitsbedenken vor. So leicht lassen sich die Digedags nicht abschütteln. Erst während der Fahrt trauen sich die zwei aus der Deckung. Ist auch bitter nötig. Denn bei der Streckenplanung haben die Naturschützer voll versagt. Wie kann man nur eine Bahnstrecke bauen, die mitten durchs Revier eines Wildbienenschwarms führt. Den Digedags gelingt es, die aggressiven Insekten von der Lokbesatzung fernzuhalten. Gleich darauf muss eine Rinderherde verblasen werden. Mit heißem Dampf geht das hervorragend. Borsig büßt zwar ein Stück Frack an den Hütehund ein, sonst läuft die Fahrt aber weiterhin gut. Der größte Hinterhalt lauert in Form einer Feuerwehrbrigade, die dem neumodischen Teufelszeug auf ihre Art beikommen will. Das Spritzen in den Schornstein können Dig und Dag auch noch verhindern. Dann ist es geschafft, Jüterbog ist erreicht. Nun vergehen bange 10 Minuten, aber die Verfolger sind noch nicht in Sicht. Erst nach einer halben Stunde trifft die Thompson-Crew ein, gekennzeichnet mit den einschlägigen Indizien der drei Prüfungen. Thompson, ganz Sportsmann, gratuliert Borsig zum Sieg und zahlt den Digedags ihren Wettgewinn aus. Die Digedags wollen das Geld natürlich unter den Armen verteilen. Unter dem rechten und dem linken Arm.
 

Die Doppelseite ist ein herrliches Sittengemälde, zum Glück nicht von Sitte.

Berlin war im Jahr 1837 zwar noch nicht besonders sexy, aber immerhin auch nicht arm.

 

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