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91 Die schwimmende Burg Juni 1964


Auf dem Großen Kanal Venedigs drängen sich die Parade-Gondeln des Dogen. Die Aktion "Grand Prix de la Blessure" hat nicht nur das Lagunenprekariat an die Fenster der Häuser mit den nassen Grundmauern gelockt. Auch die elitären Bürger Venedigs lieben ihre daily soap. Vergessen sind alle politischen Querelen mit den Staatsfeinden. Im Tross des Dogen sonnt sich der siegreiche Ritter Runkel mit seinen noch siegreicheren Knappen unterm Angesicht des johlenden Volkes. Doch halt, nicht alle sind berauscht von dieser Performance. Einer ist stinkig, sogar extremst. Der verniederlagte Cavaliere Carlo di Carotti hat an exponierter Stelle des Corso-Kanals mit einem Rohrscharfbläser Stellung bezogen. Der Kerl ist sein Geld auch wirklich wert. Die besonders empfindsame Hinterhand von Türkenschreck wird von des Schützen feiger Erbse getroffen. Das führt zum Notabwurf des Ritters. In einem hohen Bogen durchschlägt der fliegende Franke eine Brücke und landet gemeinsam mit einer Wolke Streublümchen am Fußende des Dogen.
Bei aller Tollpatschigkeit gelingt es Runkel dieses Mal, die Sache zu seinen Gunsten zu wenden, was fast bis zum Bruderkuss führt. Wegen der neuerliche Stärkung des Ritters in des Dogen Gunst ist der Cavaliere jetzt doppelt sauer.
Nun geht es ins Arsenal, wo dem Ritter sein Wunschgewinn, ein Schiff für drei Personen, überreicht werden soll. Der alte verwurmte und zerbröselnde Pott entspricht zwar nicht ganz des Ritters Erwartungen, aber der Doge meint es ernst - was besseres soll's nicht geben. Schiff ist Schiff. Der Ritter hätte so eine lahmfüßige Kogge eh nicht genommen, denn was ein rechtes Rübensteiner Schiff braucht, sind Wehrtürme und Zugbrücken. Dig kritzelt spaßeshalber so ein Gebilde zusammen, womit Runkels Geschmack voll getroffen wird. Dem Dogen kommen dabei kuriose Gedanken unter der Mütze. Mit solch einem potemkinschen Kahn ließen sich die genuesischen Spione trefflich hinters Licht führen.

Letzte Hürde für den Bau ist der Ministerrat. Und der findet den Plan seines Vorsitzenden gut. Runkel bekommt den Stempel auf die Zeichnung und wird zu den Baumeistern geschickt. Zeitgleich lässt der Doge die genuesische Abwehr informieren, in der Hoffnung, dass diese die Runkel-Brigade entführt und er so die Marie in der eigenen Tasche versenken kann. Allerdings sind die Spione gefährlicher für sich selbst, denn für ihre potenziellen Opfer. Als dann noch die Wache erscheint, wird Lösegeld durch Fersengeld ersetzt. Runkel setzt mit seinen Knappen den Weg fort.
Die Schiffsbaumeister sind etwas konsterniert, als sie die Baupläne sehen. Aber dem Befehl des Dogen müssen sie wohl nachkommen.
Dank Ritter Runkels rudimentären Kenntnissen in der Schiffs- und Burgenkonstruktion geht es nun rasant vorwärts.
Auch die Genuesen sind begeistert ob der Fortschritte.

Bald läuft das Burgenschiff vom Stapel und geht an der Piazetta vor Anker. Schnell bildet sich ein Menschensoufflé, auch Carotti ist präsent. Der Cavaliere tut sein Bestes, dem Volk ordentlich einzuheizen und die eklatante Verschwendungssucht der Eliten anzuprangern. Natürlich trägt auch der schnorrende Ritter die Schuld. Mit seiner Agitation tritt er bei den Steuerzahlern natürlich offene Ohren ein. Als die ersten Obst- und Gemüseproben fliegen, ruft Runkel schleunigst DEFCON 1 aus.
Die Zugbrücke wird gehoben und sodann die Notwehrmaschinerie hochgefahren. Runkel gibt den Eseltreiber und setzt die Wasserwerfer in Gang. Dig und Dag haben die beiden Geschütztürme besetzt. Von den Zinnen herab beschießen sie den aufgebrachten Pöbel mit den gebunkerten Melonen. Ein Volltreffer streckt den Cavaliere nieder. Die Bürger flüchten und stellen den Dogen zur Rede. Nachdem dieser ihnen die höchst geheimen Anti-Spionage-Maßnahmen verklickert hat, eilt das Volk zurück zum Burgenschiff und feiert den Rübensteiner als großen Helden. Der bedankt sich artig für die angemessene Kapitulation.
Carlo di Carotti versteht die Welt nicht mehr. Es ist anzunehmen, dass seine Sympathie für Rübenstein erneut um einige Punkte sinkt.
 

Runkels zweite Vor-Ritterregel, die allerdings noch nicht als solche bezeichnet wird: "Indomitus furor cito periculi obliviscitur."

 

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