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Juni 2002
Kurzes Vorspiel |
Man hatte einen ersten, aber aus heutiger Sicht falschen Eindruck, dass im Vordergrund keine reinen Wiederbelebungsaktivitäten für ein altes DDR-Heft
standen, sondern eine
schlichte Marketing-Strategie.
Am Beispiel der Zeitung "Neues Deutschland" sollte
vermutlich getestet werden, ob z. B.
eine Reinkarnation der alten "Frösi" für die Ankurbelung der
schwächelnden Auflagenhöhe ausnutzbar wäre. Es war beabsichtigt, die
neue Frösi nur für ND-Abonnenten zur Verfügung zu stellen. Wer sich
deshalb in erster Euphorie zu einem Abo entschloss, zog die
berüchtigte A-Karte. Das
Heft 1, welches im Juni erschien und im
allgemeinen ganz gefällig wirkte, sollte aber wohl das einzige bleiben. Auch das ND winkte letztlich ab. |
Unter dem theoretischen Gesichtspunkt der echten Neugründung der
Zeitschrift betrachtet, stand die neue Frösi durch die enge
Verknüpfung zum "Neuen Deutschland" allerdings nicht gerade unter einem günstigen
Stern.
Andererseits wäre es wohl nur im Rahmen einer Symbiose möglich, solch
ein Projekt auf die Beine zu stellen. Ohne
finanzielle Absicherung bedeutet der Versuch sicherlich ein zu hohes
Risiko.
Es bleibt die Frage, ob sich eine neue Kinderzeitschrift am
übersättigten Markt überhaupt etablieren könnte.
(N)Ostalgiker als
Kundschaft würden hier nicht ausreichen.
Aber die neue Frösi
sollte sicher erst einmal als Testballon fungieren.
Jedenfalls scheiterte die Exhumierung im Jahr 2002 auf der ganzen
Linie. |
2005
Jahr der Auferstehung |
Eine alte Indianerweisheit besagt zwar: "Wenn das Pferd tot ist,
sollte man absteigen“, doch auch Abahachi kann irren.
Untote leben irgendwann wieder auf, manches vom ollen Ossi ist eben
nicht endgültig abzuwickeln. Klingt komisch, ist aber so: Frösi wurde als
Frösi wiedergeboren, nach knapp 52 Jahren seiner ersten Entdeckung und
nach 14 Jahren unwürdigen Lebens im Untergrund.
Nachdem "Frösi reloaded" im Jahr
2002 nur ein Heft alt geworden war, erscheint nun
"Frösi revolutions" mit etwas
besseren Überlebenschancen.
Kaum eine namhafte Zeitung oder Webseite kam umhin, die einschlägigen
Meldungen in Windeseile zu verbreiten.
Doch den alten Charme der Kieser- und Hambach-Ära, liebevoll gedruckt auf stark angesäuertem
und kontingentiertem Papier, wird die neue Frösi sicher nicht wieder erreichen.
Soll sie ja vermutlich auch
nicht. |
Außerdem dürfte die neue Klientel kaum über
die lange Geschichte des Heftes im Bilde sein und schließlich ist die
alte Lesergarde auch schon teilweise im Enkel-Vorlese-Alter.
Trotzdem und gerade deshalb wird eine nicht unerhebliche Zahl
Andersaltriger aus purer Neugier die 2,10 € gnadenlos abdrücken und
versuchen, mit Hilfe des Heftes die Cortex cerebri zu strapazieren, um
alte Erinnerungen aufzuwärmen.
Die große Chance der neuen Frösi besteht darin, an die zum Teil
anspruchsvollen Parts einer alten Kinderzeitschrift anknüpfen zu
können, ohne heute irgendeine Rücksicht auf die "Borrdeih" nehmen zu müssen.
Eins bleibt allerdings unsicher: Wird die "Generation Daumen“ durch das
Heft von den Weiterentwicklungen der Braun'schen Röhre wegzulocken
sein. Und will die breite Masse der "new kids" überhaupt noch basteln
oder knobeln? Das soll ja
alles sehr anstrengend und entbehrungsreich sein.
Die Zeit wird es an den Tag bringen.
Sei es, wie es sei; there is no
spoon.
Folgen wir also dem weißen Kaninchen. |
April 2005
Das
neue Heft Nr. 1 |
Und wie angedroht,
befand sich die oder das neue "FRÖSI" am 29. April 2005 in
den Regalen der Zeitschriften-
Dealer.
Die neue
Nummerierung beginnt unspektakulär mit 05/2005.
In der Abteilung Kinderzeitschriften lagen immerhin 4 Exemplare der
neuen "Frösi".
Die Verkäuferin an der Kasse rang sich ein müdes Lächeln in einer
Mischung aus Mitleid und Bewunderung ab, so dass ich mir einige
entschuldigende Worte zum Kauf nicht verkneifen konnte.
Da ich nichts besonderes erwartet hatte, war ich beim näheren
Betrachten auch nicht enttäuscht. Es lag von vornherein auf der Hand,
dass das Heft den Segnungen des Zeitgeistes unterworfen sein würde. |
Äußerst positiv war erst einmal der sparsame Gebrauch von Werbung, das wird
sich aber mit fortschreitender Existenz sicher noch ändern.
Da das Heft für Kinder von 8 bis 12 Jahren konzipiert sein soll, ist
auch ein dementsprechend breites Interessen- und Anspruchs-Spektrum
abzubilden. Dies scheint weitestgehend gelungen, obwohl Tanzkurs und
Japanischkurs in dem avisierten Altersbereich vermutlich wenig
Resonanz finden werden.
Der "Handschuh" ist ganz pfiffig in Szene gesetzt worden und auch der
Haifischbeitrag ist interessant aufgemacht.
Die Seiten über die gesunde Ernährung werden sicher zwangsverordnet
werden müssen.
Der allgemeine Zeichenstil der Comics und Illustrationen ist nicht so
mein Ding, er ist aber vermutlich zeitgemäß.
Die vielen Bastelthemen und Rätselseiten treffen sicher den Nerv der
kleinen Leser.
Richard Hambachs "Einstein" und Jürgen Günthers "Otto und Alwin"
wecken Erinnerungen an verblichene Zeiten.
Alles in allem hebt sich die neue Frösi durch ihren höheren Anspruch
von diversen, dem "mainstream" unterworfenen, Publikationen ab.
Fraglich bleibt allerdings die Frage, ob Anspruch heute noch gefragt ist. |
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Ende Oktober erfüllte einen schon diese unangenehme Vorahnung. Wird es
die neue "Frösi" wenigstens bis zum Jahresende schaffen? Nö
- auf dem Display stand leider "Game over".
Immerhin 6 neue Hefte erschienen 2005 auf dem undankbaren
Zeitschriften-Markt. |
Den Machern ist die große Enttäuschung anzumerken. Die Kinderchen
scheinen eben zur Zeit nicht reif für eine wissensvermittelnde Unterhaltung zu
sein.
Die vielen knuffigen, aber einzelligen Chips-Vertilger vor den Mattscheiben der Vor-, Mittag-
und Nachmittag-Shows haben wieder einmal das Rennen gemacht.
Frösi ist tot-es lebe Frösi! |
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